Als ich den Termin beim Betriebsrat der Deutschen Post in der Niederlassung Brief Düsseldorf festgemacht habe, schrieb mir der Betriebsratsvorsitzende Andreas Hüsch: „Toll, dass du kommst. Frühstücken kannst du bei uns!“
Doch heute Morgen kriegte ich gerade mal ein Brötchen herunter, weil mir vor ungläubigem Staunen der Mund so oft offen stand. Nicht nur wegen der so hohen Zahl befristet Beschäftigter auch in der Düsseldorfer Niederlassung.
Ich hatte gehofft, dass sich dies in den letzten Jahren geändert hätte. Doch seit Jahren ist die Befristungsquote unverändert hoch geblieben, nichts hat sich geändert. In den letzten zwei Jahren der Pandemie wurde die Belegschaft wegen des explodierenden Paketgeschäfts zwar stark aufgestockt – aber alle neuen Beschäftigten arbeiten die ersten zwei Jahre befristet. Damit sind unter den mehr als 6.000 Beschäftigten in manchen Bereichen fast die Hälfte befristet!
Wer noch einen Beweis braucht, dass die sachgrundlose Befristung abgeschafft werden muss, die laut Gesetz für zwei Jahre möglich und genauso lange missbraucht wird, dem sollte die Deutsche Post DHL als abschreckendes schlechtes Beispiel dienen, um endlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Ich hoffe, den Tag noch erleben zu dürfen, an dem wir im Deutschen Bundestag eine Mehrheit für ein Gesetz gegen die sachgrundlose Befristung haben werden!
Als ob dies des Schlechten nicht schon genug wäre, dass die vielen Beschäftigten in unsicheren Verhältnissen arbeiten müssen, wird auch der Betriebsrat in seiner Arbeit ausgebremst und verunsichert. Wenn ich dann höre, dass die Deutsche Post als schlechtes Vorbild sogar von Arbeitsunrecht Deutschland thematisiert wird; wenn der Wahlvorstand sich nächste Woche vor dem Arbeitsgericht in Düsseldorf verantworten muss, weil der Arbeitgeber die bevorstehende Betriebsratswahl behindern oder gar stoppen will und die betriebsratslose Zeit im Betrieb mindestens billigend in Kauf nimmt, dann muss mir das leckere Brötchen im Hals stecken bleiben.
Als Gewerkschaftssekretärin habe ich solche Geschichten leider zu genüge gehört. Meistens geht es dabei um kleine Klitschen, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat als Angriff auf ihn höchstpersönlich nimmt und als einen Störfaktor sieht, den es mit allen Mitteln zu verhindern gilt. So etwas beim stolzen Global Player mit Rekordergebnis der Unternehmensgeschichte im Jahr 2021 zu erleben, ist schon unerhört.
Ich werde dranbleiben und den Betriebsrat und die Belegschaft solidarisch und politisch unterstützen, wo ich nur kann. Das war doch schließlich der Grund, warum ich in die Politik gehen wollte! Die Frist der Befristung ist jedenfalls abgelaufen!
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